„Die unheimliche Leichtigkeit der Revolution“
So lautet der Titel eines Buches, dessen Inhalt der Autor in einer Veranstaltung anlässlich des 30. Jahrestages des Mauerfalls und der damit beginnenden deutschen Einheit den Oberstufenschülern der Geschichts- und PoWi-Leistungskurse der HMS vorstellte. Der Referent (und Autor) Peter Wensierski war von Ende der Siebziger Jahre sechs Jahre lang – bis zu seiner Ausweisung – als Korrespondent für den „Spiegel“ im vorrevolutionären Leipzig tätig. Da er allerdings auch immer wieder von dort berichten konnte, hatte er – zumal er die handelnden Akteure auch persönlich kannte – kontinuierlich Einblick in die dortigen Entwicklungen, die dann zum Mauerfall und zur deutschen Einheit führen sollten.
In einer Kombination von freiem Vortrag, Zitaten aus seinem Buch und originalen Foto-, Film- und Tondokumenten – letztere enthielten u.a. Mitschnitte bizarrer Verhöre durch die Stasi, die deutlich machten, dass dieses System auch von innen heraus am Ende war – gelang es dem Autor, einer gespannt lauschenden Zuhörerschaft in mehr als zwei Stunden diese komplexe Situation deutlich zu machen.
Leipzig war deshalb von besonderer Bedeutung, da sich hier beispielhaft der revolutionäre Prozess, der dann zum Ende der DDR führte, entwickelte. Die Bedeutung der Rolle der Kirchen (Nikolai-Kirche) kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, da sich hier dem Widerstand ein „Freiraum“ bot, in dem er sich organisieren und entfalten konnte. Der Referent macht aber – nicht zuletzt mit zum Teil kurios anmutenden Ton- und Fotodokumenten – auch deutlich, wie sehr nicht zuletzt hier die Staatsorgane der DDR einzugreifen versuchten – das Spitzelwesen war halt das eines totalitären Staates. „Ein freies Land für freie Menschen“ war nicht ohne Grund das Motto der Montagsdemonstrationen, die dann im Oktober 1989 in der legendären Demonstration der 100.000 kulminierten, die wiederum die Initialzündung für den Mauerfall bilden sollte.
Um noch einmal auf den Titel des Buches einzugehen – die „unheimliche Leichtigkeit“ -, so betonte der Autor, dass für die friedliche Revolution deshalb gute Chancen bestanden, da das historische Umfeld – also die Veränderungen im Ostblock bzw. in der Sowjetunion („Perestrojka“) selbst, den Widerstand im System der DDR schon gebrochen habe – als Alternative wäre sonst das geschehen, was im Juni desselben Jahres 1989 in Peking passierte.
Der Referent geht in der Darstellung der vorrevolutionären Entwicklungen auf einen Aspekt ein, der in diesem Kontext sonst weniger Beachtung findet. Da die DDR auch ökologisch eine Katastrophe darstellte, entzündete sich der Protest gegen das politische System auch an umweltpolitischen Themen – wenn man sich die Bilder von damaligen Industrieanlagen in der DDR anschaut, erstaunt das nicht. Diese Seite hatte auch Verbindungen zu dem wachsenden Umweltbewusstsein im Westen und zur Gründung der „Grünen“ in Westdeutschland. Deutlich wird das nicht zuletzt in der Fusion beider Gruppierungen nach der Wende (Bündnis 90 (Ost) / Grüne (West)).
Zum Abschluss beteiligten sich die Schülerinnen und Schüler mit interessanten Beiträgen und Fragen an der Diskussion.
Dass eine solche hochkarätige Zeitzeugenveranstaltung nicht ohne finanzielle und logistische Unterstützung stattfinden kann, ist klar. Deshalb sei an dieser Stelle dem Verein „Gegen Vergessen – für Demokratie“ – sehr herzlich gedankt, dass uns diese sehr informative Gelegenheit ermöglicht wurde.